Víctor Bravo wurde 1977 in Sevilla geboren, begann bereits mit vier Jahren eine 11-jährige Tanzausbildung in der Akademie von Matilde Coral, lebte unter anderem in Japan, gründete zurück in Spanien seine eigene Kompanie und ist derzeit Tanzdirektor im Museo de Baile Flamenco Sevilla.

1.) Welcher ist dein liebster Flamencostil?

Ich kann mich wirklich nicht zwischen so vielen intensiven und unterschiedlichen Stilen, wie sie der Flamenco zu bieten hat, entscheiden. Das hängt ganz vom momentanen Gemütszustand, der Atmosphäre und den Leuten, die dich begleiten, ab. Je nach Stimmung kann man das Gegenteil von dem spüren, was man eigentlich erwartet hat,  oder man erlebt etwas, dass man sich vorher nicht hatte vorstellen können. Der Ansturm an Gefühlen und das Zusammenwirken der Künstler sind nicht vorhersehbar. Heute wäre es eine Seguiriya mit Kastagnetten, an der ich gerade arbeite, oder die Abandolaos, mit denen ich mich aktuell beschäftige. Gestern hätten es die Cantiñas sein können und morgen der Taranto…

 

2.) Welcher/Welche ist dein liebster Flamencotänzer/deine liebste Flamencotänzerin?

Genau so wie ich mir aus der großen Stilvielfalt des Flamenco keinen einzigen Lieblings-Palo herauspicken könnte, wäre mir die Entscheidung für einen einzelnen Künstler angesichts von so vielen Talenten und Persönlichkeiten unmöglich. Jeder Künstler der Geschichte trägt etwas Besonderes zum Flamenco bei. Ich sehe mich nicht als Vertreter einer exzessiven oder überholten, altmodischen Kunst, sondern ich glaube an eine Ausgeglichenheit in der Flamenco-Sprache, und vor allem glaube ich an die Ehrlichkeit und „pureza“ (Reinheit) des Künstlers, die sich darin zeigt, wie er seine Kunst spürt und empfindet. Meine Lieblingskünstler sind jene, die ein „Olé“ hervorrufen, natürlich auch durch ihre Virtuosität, aber vor allem dadurch, dass sie mich zum Lachen oder Weinen bringen, beziehungsweise mich mit Emotionen erfüllen.

 

3.) Wie siehts du die Zukunft des Flamenco?

Ich weiß nicht, ob es so ist, oder ob ich es mir nur wünsche, aber ich glaube, dass der Flamenco immer fortleben wird. Für mich ist der Flamenco unsterblich, weil er eine Kunstform ist, die sich kontinuierlich weiterentwickelt und trotzdem bei seinen Wurzeln bleibt. Diese beiden konträren Aspekte erlauben einerseits eine stetige Weiterentwicklung, andererseits aber auch den Rückbezug zu den Ursprüngen. Das war schon seit jeher so und es gab dabei auch noch nie eine Seite die Oberhand behielt. Und deshalb bleibt der Flamenco auch immer so wie er sein soll: Wild, einzigartig und mit einem enormen Entwicklungsspielraum. Wie dem auch sei: Solange es Kulturteibende auf diesem Gebiet gibt, wird diese Kunst auch weiterleben…

 

Danke Víctor!